Ein Schatten hatte sich über die Drachenöde gelegt, große, schwere Wolken, die die hereinbrechende Nacht ankündigten. Im Dämmerlicht der Laternen bewegten sich mehrere Soldatentrupps auf den Straßen unter der Burg Wintergarde, während ein stolzer, weißer Greif vorm Eingang der Burg behäbig seinen großen Kopf schüttelte und so sein silbriges Zaumzeug zum Klimpern brachte.
„Kommandant.“ Elis salutierte mit leise klappernder Rüstung und blickte Eligor Dawnbringer freundlich an. Der Kommandant ließ seine linke Hand, in der er ein Pergamentblatt hielt, langsam sinken und blickte auf.
„Lady Casmathar“, er nickte ihr zu, sein Tonfall war weder unfreundlich noch besonders herzlich. „Es freut mich, Euch wohlauf zu sehen. Wie ich Eurem Bericht entnehmen konnte, wart Ihr in den letzten Wochen recht erfolgreich, was den Kampf in der Nekropole betrifft?“
Elis nickte. „Ja, das waren wir. Der O-“
„Der Orden, ja.“ Dawnbringer fiel ihr ins Wort, sich selbst offensichtlich nicht wirklich bewusst, dass er sie unterbrochen hatte. „Ihr habt davon geschrieben.“ Sein Blick wanderte wieder zu dem Pergament, das er noch immer in der Hand hielt. Er schien die darauf geschriebenen Zeilen noch einmal zu überfliegen und fuhr dann fort. „Ich habe einen Auftrag für Euch.“
Elis schwieg und blickte den Kommandanten abwartend an. Eligor Dawnbringer legte das Pergament nieder und stützte beide Ellenbogen auf dem Tisch auf. „In den nächsten Tagen soll eine kleine Gruppe von Botanikern in die Nähe von Corins Kreuzung aufbrechen, um den Zustand der dortigen Vegetation zu untersuchen und besonders um Proben aus dem Mereldarsee zu entnehmen.“
Elis schaute verwundert. „Worin genau besteht mein Auftrag? Wie Ihr wisst, bin ich keine ausgeb-“
„Dass Ihr keine Botanikerin seid, weiß ich, ja“, fiel Kommandant Dawnbringer ihr abermals ins Wort. „Trotzdem halte ich es für sinnvoll, dass Ihr den Trupp begleitet. Ihr kennt Euch in der Umgebung sehr gut aus, immerhin wart Ihr“, er zögerte kurz, „wie lange dort stationiert? Drei Jahre? Vier?“
„Es dürften sogar knapp fünf gewesen sein, Sir.“
„Gut. Lange genug zumindest. Ich möchte, dass Ihr die Gruppe begleitet und beschützt. Und ja, ich weiß, dass Ihr Euch zumeist der Heilkunst widmet, ich weiß aber auch, dass Ihr Eure kämpferischen Fähigkeiten bei weitem nicht verloren habt.“ Er schmunzelte und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, um sie prüfend anzublicken. „Ihr brecht sofort auf“, fügte er nach einer kurzen Pause hinzu.
Elis runzelte die Stirn und nickte dann. „Wie Ihr befehlt, Sir.“
* * *
Brief an den Orden der Dämmerung, einen Tag später durch einen Boten zugestellt Werte Ordensmitglieder,
im Auftrag von Kommandant Dawnbringer werde ich die nächsten Tage in den Nordlanden unterwegs sein, um einigen Mitstreitern der Argentumdämmerung bei wissenschaftlichen Untersuchungen zu helfen. Ich möchte Euch deshalb bitten, mich von allen Pflichten des Ordens vorübergehend freizustellen, bis der Auftrag erledigt ist. Ich hoffe, dass ich nicht allzu lange abwesend sein werde.
Möge das Licht Eure Wege beschützen
Elis Casmathar* * *
Corins Kreuzung, Östliche Pestländer – einige Tage späterVargran stöhnte leise auf, als er den Trupp der Geißelsoldaten bemerkte, die nicht unweit ihrer kleinen Gruppe die Straße entlang patrouillierten. Er ging in die Hocke, sodass einer der Beutel seines Reisegepäcks an seinem Arm herunterrutschte und für kurze Zeit einen Blick in dessen Inhalt preis gab. Diverse unterschiedliche Kräuter- und Gräsersorten lagerten in der Tasche, jeweils mit einem Band zu kleinen Bündeln verschnürt.
Die andere Botanikerin, Fyrgara, und Elis waren dicht hinter ihm. Vargran fuhr mit dem Finger an die Lippen und deutete an, dass sie leise sein sollten, als sie zu ihm aufschlossen.
„Wir sind nicht mehr allzu weit vom See entfernt“, wisperte Elis leise, während sie die passierenden Geißelsoldaten auf der Straße argwöhnisch musterte. Die drei Menschen standen geduckt hinter einem der verdorrten Büsche.
„Ja“, seufzte Fyrgara, „und wenn wir die Probe endlich haben, können wir wieder zurück.“
Nach einer Weile waren die Soldaten außer Sichtweite und sie setzten ihren Weg in Richtung Mereldarsee fort.
Nicht zum ersten Mal ließ Elis ihren Blick sorgenvoll über die Hügel des Landes schweifen. Vom ehemaligen Grün des Grases war hier schon längst keine Spur mehr, die Bäume hatten fast all ihr Laub verloren, das restliche hing vertrocknet an den ebenso verdorrten Ästen.
Vargran ging voran. „Es sieht furchtbar aus“, raunte er, während auch er sich umschaute. Mit gerunzelter Stirn blickte er hoch zu den Ästen eines sehr alten, toten Baumes, als er plötzlich stolperte und der Länge nach hinfiel. Elis eilte voran, um ihm aufzuhelfen. Erst als sie seine Hand ergriff und ihn hochziehen wollte, hörte sie das zischende Geräusch. Vargran hatte bereits zu husten begonnen, Elis und Fyrgara schlugen sich schnell den Arm vor das Gesicht, doch spürten auch sie schon, wie ihnen etwas den Atem nahm, wie ihre Augen von beißender Luft zu tränen begannen.
„Was..., was beim...“ keuchte Fyrgara.
Elis taumelte, sah noch, wie die anderen beiden zu Boden gingen und sackte in die Knie. Sie versuchte, Worte zu sprechen, aber ihre Kehle war wie zugeschnürt. Dann wurde alles schwarz.
* * *
„Elis, Elis...“ Der Mann mit den rotblonden Haaren schmunzelte und rutschte auf seinem Stuhl ein wenig nach vorn. Er hielt ein blank poliertes Schwert in der Hand, dessen glänzende Spitze auf die auf einer Holzpritsche liegende Elis gerichtet war. Schon eine ganze Weile hatte er in dieser Haltung auf dem Holzstuhl neben der Pritsche gesessen. Jetzt merkte er, wie sie langsam zu sich kam.
Elis verzog das Gesicht und wachte aus einer tiefen Benommenheit auf. Als sie die Augen öffnete, sah sie nur tanzende schwarze und dunkelrote Flecken. Sie kniff die Augen zusammen und stöhnte. Was beim Licht war passiert?
„Weißt du, wo ich dich jetzt so da liegen sehe, vermisse ich fast die guten alten Zeiten.“
Die spöttischen Worte kam wie von weit her. Elis fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht und öffnete erneut die Augen. Dieses Mal war das Bild klarer als zuvor. Der Mann grinste. Er hatte einen Vollbart, ebenso rotblond wie sein Kopfhaar. Das Grinsen wirkte eher bösartig als freundlich, kleine Fältchen umspielten seine Augen.
„Thjor“, entfuhr es Elis. „Was...“ Sie starrte den Mann an, der Rest ihrer Frage schien sich zu erübrigen, als sie das auf sie gerichtete Schwert bemerkte, ebenso wie die Augen, die aufmerksam jede einzelne ihrer Regungen verfolgten. „Wo sind die anderen beiden?“
„Nicht jetzt.“ Thjor grinste weiter.
Elis versuchte, sich aufzurichten.
„Ah, ah, ah.“ Ein stechender Schmerz an ihrer Kehle machte Elis deutlich, dass sie sich keinen Zentimeter zu bewegen hatte. „Liegengeblieben.“ Die tiefe Stimme erfüllte die kleine Kammer. „Ich schätze, es gibt da so einiges, worüber wir reden müssen, hm?“ Er schnaubte amüsiert. „Ich hätte nicht gedacht, dich noch einmal lebend anzutreffen, weißt du? Nachdem ihr damals so feige getürmt seid. Aber irgendwie hatte ich mir schon gedacht, dass du zu diesen Nichtsnutzen von der Argentumdämmerung gegangen bist.“
„Sag mir wenigstens, wie es den beiden geht“, entgegnete Elis gepresst, während Thjor noch immer das Schwert unter ihr Kinn hielt. Sie musterte den Mann, die verkratzte Plattenrüstung, die schon deutlich bessere Tage gesehen hatte, den schlicht aber kunstvoll gefertigten Griff seines Schwerts, die Flamme auf seinem schmutzig-weißen Wappenrock, feuerrot. Scharlachrot.
„Alles zu seiner Zeit, Elis. Alles zu seiner Zeit.“ Thjors Augen funkelten bösartig. „Und glaub' mir, Zeit haben wir hier genug.“
Als er aufstand, schrammte der Stuhl mit einem lauten Geräusch über den Boden zurück. Er warf die Tür von außen unsanft ins Schloss, das Geräusch der Verriegelung verebbte leise im Raum.
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OOC:
Hallo ihr Lieben,
hiermit verabschiede ich mich zumindest für eine Weile und lege vorerst eine Spielpause ein. Es mag daran liegen, dass ich momentan nur einen älteren Rechner zur Verfügung habe und mich zum Teil (Dalaran, argh!) nur in Diashows fortbewegen kann, oder auch daran, dass ich in den letzten Tagen und Wochen nicht mehr so viel Zeit dafür gefunden habe, zu spielen wie sonst. Aber momentan ist bei mir einfach die Luft raus. Irgendwie fehlt mir der rechte Antrieb, ich weiß auch nicht. Wahrscheinlich tut es mir auch ganz gut, mal wieder einen Gang runterzuschalten. Vielleicht "legt" sich das ja nach kurzer Zeit wieder, aber fürs Erste verabschiede ich mich.
Bleibt mir gewogen. *grinst*
Bis dann! :)
P.S.: Der Text ist, ähm, ein bisschen länger geworden, als ich eigentlich geplant hatte. Hrm. *verkneift sich eine Entschuldigung*